«Fast alles, was wir tun, ist Design, ist Gestaltung, denn das ist die Grundlage jeder menschlichen Tätigkeit»
Victor Papanek (1971)

Aus dem Grund bedeutet Design auch Verantwortung.
Verantwortung, die Designer*innen viel zu lange von sich gewiesen haben.
Unsere Welt befindet sich einem Zustand, in dem die Existenzgrundlage des Menschen bedroht ist. Wir sehen uns heute vor große globale Herausforderungen gestellt, die wir Menschen, in der vergleichsweise kurzen Zeit auf der Erde selbst zu verantworten haben.
Der Sozialpsychologe Harald Welzer beschrieb 2014, dass es nur zwei Arten gibt den Bedrohungen zu entkommen. Entweder ‚by desaster‘ oder ‚by design‘.
„[…] »by desaster« heißt abzuwarten, bis das bestehende System zusammenbricht, und aus den Ruinen etwas Neues aufzubauen. »By design« heißt, im Vorfeld, also präventiv, durch zielgerichtetes und planvolles Handeln das Bestehende in etwas Neues zu verwandeln.* Das bedeutet, dass wir aktiv transformierend gestalten müssen. Als Designer*innen sind wir schon lange nicht mehr nur Dienstleister*innen, unser Handeln hat Auswirkungen auf die Welt in der wir leben und wir müssen uns über unsere Verantwortung bewusst werden.

Astronauten auf der ISS bezeichneten den Blauen Planeten – egal aus welchem Land der Erde sie stammen – als ihre ‚Heimat‘.

Erst als viele Astronauten den Planeten in seiner Ganzheit zu sehen bekamen, fiel ihnen auf wie wertvoll und fragil unsere Erde eigentlich wirklich ist. Wären nicht globale Herausforderungen, wie die Klimakrise, humanitäre Krisen und Kriege viel besser lösbar, wenn sich alle Menschen dessen bewusst wären?
Was wäre wenn man es schaffen würde durch eine gemeinsame Identität aller Menschen auf der Erde ein Einheitsgefühl zu schaffen? Wie müsste diese Identität aussehen damit Menschen ein Zugehörigkeitsgefühl zur Erde verspüren?
Bringt man Nation Branding auf eine höhrere Ebene und denkt über die Landesgrenzen hinaus, könnte ein Planet Branding für genau diese Zugehörigkeit sorgen und es würde endlich wirklich global gedachte Lösungen für die Probleme unserer Zeit geben.

Spekulatives Design hat nicht zum Ziel, die Zukunft vorherzusagen und festzulegen, wie diese sein wird, sondern viel mehr Möglichkeiten zu eröffnen, die diskutiert und debattiert werden können, um die Entwicklung einer besseren Zukunft zu ermöglichen.

Die Idee des Planet Brandings ist keinesfalls als lösungsorientierter Designprozess zu verstehen der Wirklichkeit werden soll. Sondern soll durch visuelles Experimentieren und dem Denken abseits von Konventionen und Normen eine Debatte eröffnen. Eine Debatte über die wirklichen Lösungsmöglichkeiten von Design, das Hinterfragen von kolonialen Designstrukturen, dem Bewusstwerden über die Verantwortung von Designer*innen und vieles mehr.

Es geht darum, eine alternative Gegenwart gedanklich zu testen und die existierende zu hinterfragen, um daraus Schlüsse für die Entwicklung der Zukunft zu ziehen. Durch die Auseinandersetzung mit der Thematik und der Idee sollen Betrachter*innen für kurze Zeit die Konventionen der aktuellen Welt vergessen und sich als Bürger*innen und Teil dieser Erde sehen. Die spekulative Herangehensweise an solch eine Aufgabe beinhaltet zwangsläufig auch gewagte Theorien und problematische Ansätze, die provozieren. Aber erst durch solche Provokationen kann ein Diskurs angeregt werden, durch den bei Betrachter*innen Fragen entstehen.

Branded sich eine Nation, so bedeutet dies zwangsläufig eine Abgrenzung nach außen und ein Konkurrenzdenken zu anderen Nationen.

Nation Branding ist der Versuch, einem Staat ein mit einer Handelsmarke vergleichbares Image zu verschaffen. Laut Simon Anholt, der zur Thematik mittlerweile mehrere Bücher und Publikationen veröffentlicht hat und dem die Kreation des Begriffes weitestgehend zugeschrieben wird, erklärte, dass es im Gegensatz zu kommerzieller Produktwerbung mehr um nationale Politik, wirtschaftliche Entwicklungen, Investitionen, Innovationen und langfristige Veränderungen gehe. Es reiche nicht aus, mit Slogans und Werbekampagnen Menschen zu vermitteln, dass ein Land ein anderes Image habe als bislang gedacht.
In manchen Staaten wird Nation Branding aber nach herkömmlichen Marketingmethoden betrieben, um schneller an das Ziel zu kommen.
In beiden Fällen ist das Ziel aber sich klar von anderen Staaten abzuheben, um Vorteile z.B. wirtschaftlicher Art zu erlangen.
Anstatt gemeinsame Lösungen für die globalen Herausforderungen, wie die Klimakrise zu kollaborieren, konkurrieren die Länder dieser Welt.

Ist Planet Branding wirklich eine Lösung und würde eine Lösung nicht das Ende der Diskussion bedeuten? Darf es also keine Lösung geben? Was würde passieren wenn es eine dauerhafte Lösung geben würde?

Einer der schwersten Vorwürfe gegen Nation Branding ist die Feststellung, dass Nationen zur Herausarbeitung ihrer Stärken vor allem den Unterschied und die Abgrenzung zu anderen Nationen betonen. Man könnte meinen, dass dieser Missstand durch ein Planet Branding aufgehoben werden könnte, indem es alle Nationen einschließt. Allerdings kann dieselbe Kritik auch an einem Planet Branding ausgeübt werden. Zwar wird nach innen – in diesem Fall global – vereint, aber auch beim Planet Branding wird mit gemeinsamen Werten, Qualität und verbindenden Eigenschaften argumentiert, die zwangsläufig eine Abgrenzung gegenüber ‚Anderer‘ verlangen. Unter diesen Umständen also von spekulativen Lebensformen außerhalb der Erde. Das Verwerfliche bleibt also dasselbe, nur in einem größeren Maßstab.